(verpd) Ein Anspruch auf Zahlung einer Witwen- beziehungsweise Witwerrente besteht in der Regel nur dann, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Ehegatten mindestens ein Jahr bestanden hat. Das gilt selbst dann, wenn das Paar vor der Eheschließung jahrzehntelang in eheähnlicher Gemeinschaft miteinander gelebt hat, so das Landessozialgericht Baden Württemberg in einem Urteil (Az.: L 13 R 203/11).
Eine Frau hatte mit ihrem verheirateten Lebensgefährten annähernd 30 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt, als dieser unheilbar an Krebs erkrankte.
Kurzes Eheglück
Das nahm der vermögende Mann zum Anlass, sein Leben neu zu ordnen. Er ließ sich gegen Zahlung einer sechsstelligen Abfindung kurzfristig von seiner Ehefrau scheiden, ordnete seinen Nachlass und heiratete noch am Tag seiner Scheidung seine langjährige Lebensgefährtin. Das Eheglück währte jedoch nur kurz. Denn wenig später verstarb der Mann. Einen erheblichen Teil seines beträchtlichen Vermögens hinterließ er seiner neuen Ehefrau.
Auf ihren vermeintlichen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente wollte die Frau trotzdem nicht verzichten. Doch als sie die entsprechenden Ansprüche gegenüber dem Rentenversicherungs-Träger geltend machte, lehnte dieser ihren Antrag ab. Dabei berief er sich auf Paragraf 46 SGB VI (Sechstes Sozialgesetzbuch), in dem es in Absatz 2a heißt:
„Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen.“
Keine Versorgungsehe?
In dem sich anschließenden Rechtsstreit räumte die Witwe zwar ein, dass es bei der Eheschließung auch um ihre Versorgung gegangen sei. Angesichts des Vermögens ihres verstorbenen Gatten habe man an eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch nicht gedacht. Der Rentenversicherer dürfe sich daher nicht auf eine sogenannte Versorgungsehe berufen.
Das sahen die Richter des Baden Württembergischen Landessozialgerichts anders. Sie wiesen die Klage der Witwe als unbegründet zurück.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Fall einer Versorgungsehe vorliegt, kommt es nach Ansicht der Richter allein darauf an, ob eine Eheschließung vorrangig aus Versorgungs-Gesichtspunkten erfolgt sei. Ob die Ehepartner dabei auch an Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung gedacht haben, spiele hingegen keine Rolle.
Umstände des Einzelfalls
Daher liegt eine Versorgungsehe im Sinne des Rentenversicherungs-Rechts auch dann vor, wenn die Versorgung wie in dem zu entscheidenden Fall praktisch ausschließlich durch Übertragung privater Vermögenswerte auf die Witwe erfolgte.
Die Tatsache, dass die Klägerin mit ihrem verstorbenen Mann vor der Eheschließung annähernd 30 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt hatte, spielt für die Zahlung einer Witwenrente ebenfalls keine Rolle.
Die Frage, ob eine kurze Ehedauer zu Ansprüchen auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente führt, wird nicht in jedem Fall zu Ungunsten der Witwen beziehungsweise Witwer entschieden. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an.