(verpd) Die Anbringung von Schneefanggittern zum Schutz vor Dachlawinen ist in schneearmen Gegenden nur dann geboten, wenn es sich um ein besonders steiles Dach handelt oder andere, besonders gefahrenträchtige Umstände vorliegen, die von dem Gebäude ausgehen. Mit diesem Argument hatte jüngst das Landgericht Wuppertal mit einem Urteil die Schadenersatz-Forderungen eines Autobesitzers zurückgewiesen, dessen Pkw durch eine Dachlawine zerstört worden war (Az.: 3 O 79/11).
Am 1. Januar diesen Jahres hatte ein Mann sein Auto vor einem Haus geparkt. Nach starken Schneefällen war eine Eis- und Schneelawine vom Dach des Gebäudes direkt auf den Pkw gestürzt. Das Fahrzeug erlitt bei dem Zwischenfall einen Totalschaden.
Verstoß gegen die Verkehrssicherungs-Pflicht?
Seinen Schaden in Höhe von mehr als 5.000 Euro wollte der Kfz-Halter gegenüber dem Gebäudebesitzer gerichtlich einklagen. Denn seines Erachtens hatte dieser gegen seine Verkehrssicherungs-Pflicht verstoßen, indem er das Dach des Hauses weder durch ein Schneefanggitter gesichert noch andere durch das Aufstellen eines Schildes vor den Gefahren durch Dachlawinen gewarnt hatte.
Dass entsprechende Maßnahmen zwingend erforderlich gewesen wären, schloss der Kläger unter anderem daraus, dass nur einen Tag später ein weiterer vor dem Haus geparkter Pkw durch eine Dachlawine beschädigt worden war.
Übliche Schneeverhältnisse
Dem wollten die Richter des Wuppertaler Landgerichts jedoch nicht folgen. Sie wiesen die Klage als unbegründet zurück. Nach Auffassung des Gerichts gilt die einem Gebäudebesitzer obliegende Verkehrssicherungs-Pflicht nicht uneingeschränkt. Er hat vielmehr nur solche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die von ihm nach dem Gebot von Treu und Glauben und „mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ erwartet werden dürfen. Als Maßstab für den Schutz vor Dachlawinen gelten demnach die üblichen Schneeverhältnisse am Ort des Geschehens.
Das Gebäude des Beklagten befindet sich jedoch in einem anerkannt schneearmen Gebiet. Die Anbringung von Schneefanggittern war daher weder behördlich vorgeschrieben noch schien sie geboten. Der Beklagte wäre folglich nur dann zu besonderen Sicherungsmaßnahmen verpflichtet gewesen, wenn das Dach seines Gebäudes besonders steil gewesen wäre oder andere besonders gefahrenträchtige Umstände vorgelegen hätten. Das war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht der Fall.
Keine Warnung nötig
Es bestand für den beklagten Gebäudebesitzer auch keine Verpflichtung, durch die Anbringung von Hinweisschildern auf die Gefahr herabstürzender Schnee- und Eislawinen hinweisen zu müssen. „Denn eine solche Warnpflicht besteht nur dort, wo eine Gefahrenquelle vorliegt, mit welcher Verkehrsteilnehmer nach den gegebenen Umständen nicht zu rechnen brauchen, also eine über das Maß des zu Erwartenden hinausgehende Gefahrenlage“, so das Gericht.
Dem Kläger war die besondere Wetterlage mit den für die Region atypisch starken Schneefällen jedoch bekannt. Um einer allgemeinen Gefahr durch Dachlawinen aus dem Wege zu gehen, hätte er sein Fahrzeug daher auf einem weniger gefährdeten Standplatz abstellen müssen. Sollte er keine Vollkasko-Versicherung für sein Fahrzeug abgeschlossen haben, bleibt er auf seinem Schaden sitzen.
Schutz für Gebäudebesitzer
Nicht immer kommen Gebäudebesitzer im Fall durch Beschädigung von Dachlawinen so gut weg wie der Beklagte. So hat zum Beispiel das Landgericht Magdeburg im November 2010 den Besitzer eines Hauses, welches sich ebenfalls in einem bekanntermaßen schneearmen Gebiet befand, dazu verurteilt, sich an dem Schaden eines Fahrzeughalters zur Hälfte zu beteiligen.
Daher ist für Gebäudeinhaber eine Gebäudehaftpflicht-Versicherung wichtig. Diese zahlt nämlich nicht nur Schäden, die selbst durch ein fahrlässiges Verhalten des Gebäudebesitzers verursacht werden, sondern wehrt auch unberechtigte Ansprüche notfalls vor Gericht ab. Der Inhaber eines selbstgenutzten Einfamilienhauses hat übrigens den Gebäude-Haftpflichtschutz kostenlos in einer bestehenden Privathaftpflicht-Versicherung mitversichert.