17.10.2011 (verpd) Ist durch eine besondere Dachkonstruktion die Gefahr des Abgangs von Dachlawinen erhöht, so ist ein Gebäudebesitzer dazu verpflichtet, das komplette Dach einschließlich Gauben durch die Anbringung von Schneefanggittern zu sichern. Im Falle eines Schadens durch eine Dachlawine kann er sonst zum Schadenersatz verpflichtet sein, so das Amtsgericht Bruchsal in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az.: 3 C 81/10).
Ein Mieter hat seinen Vermieter verklagt, nachdem sein Auto auf dem zur gemieteten Wohnung gehörenden Parkplatz durch eine Schneelawine, die sich im Januar 2010 vom Dach des Hauses löste, beschädigt wurde. Er wollte den dadurch entstandenen Schaden in Höhe von rund 1.200 Euro von dem Vermieter ersetzt haben.
Starke Schneefälle
Die Dachlawine hatte sich von einer großen Gaube gelöst, auf welcher eine Solaranlage angebracht war. Doch während das übrige Dach mit Schneefanggittern versehen war, ließ der Vermieter die Gaube ungeschützt. Der Mieter warf ihm daher vor, gegen seine Verkehrssicherungs-Pflicht verstoßen zu haben.
In dem sich anschließenden Rechtsstreit verteidigte sich der Vermieter damit, dass in dem an sich schneearmen Gebiet niemand habe damit rechnen müssen, dass es zu derartigen Schäden kommt. Durch die Anbringung des Schneefanggitters auf dem „Hauptdach“ habe er im Übrigen alles ihm Zumutbare getan, um Schäden durch Dachlawinen zu verhindern.
Dem wollte das Amtsgericht Bruchsal jedoch nicht folgen. Es gab der Klage des Mieters zumindest teilweise statt. Nach Ansicht des Gerichts ist es zwar richtig, dass in sogenannten schneearmen Gebieten nur ausnahmsweise eine Verpflichtung zu Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung des Abgangs von Schneelawinen und Eisplatten von Dächern besteht. Die Pflicht, ein Dach durch Schneefanggitter zu sichern, kann sich aber auch in solchen Gebieten durch eine besondere Dachkonstruktion ergeben.
Fahrlässig
Zwar bestätigte ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger die Behauptung des Beklagten, das Dach mit Schneefanggittern versehen zu haben. Auf eine gesonderte Sicherung der mit der Solaranlage versehenen Gaube war jedoch in der Tat verzichtet worden.
Dabei ging wegen ihrer Konstruktion gerade von ihr eine besonders große Gefahr aus. Nach den Feststellungen des Gutachters war die Solaranlage nämlich so angebracht, dass sie förmlich als „Schanze“ für abgehende Schnee- und Eismassen diente. Dadurch konnte der vorgelagerte und durch das Schneefanggitter gesicherte Hauptbereich des Daches problemlos und ungebremst überwunden werden.
Das Gericht war daher der Ansicht, dass der Vermieter den Schaden des Mieters durch Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt fahrlässig verursacht hatte. Er hätte die Solarzellen entweder anders anbringen oder aber auch die Gaube durch ein Schneefanggitter sichern lassen müssen.
Regelmäßiger Streit
Dem Kläger wurde gleichwohl nur ein Teil des von ihm eingeklagten Schadenersatzes zugesprochen. Als Bewohner des Hauses wusste er nämlich von der besonderen Dachkonstruktion. Angesichts der außergewöhnlichen Schneemassen hätte er sein Fahrzeug daher woanders parken müssen, um der Gefahr durch Dachlawinen zu entgehen. Den Mitverschuldensanteil des Klägers bewertete das Gericht mit 50 Prozent.
Schäden durch Dachlawinen landen regelmäßig vor Gericht. Die Prozesse gehen längst nicht immer zu Ungunsten der Gebäudebesitzer aus. Daher ist es wichtig, dass Gebäudebesitzer eine Gebäudehaftpflicht-Police haben. Sie übernimmt nicht nur Schäden, die auch durch ein fahrlässiges Verhalten des Gebäudebesitzers verursacht wurden, sondern wehrt zudem unberechtigte Ansprüche ab.
Gut haben es Besitzer von selbstgenutzten Einfamilienhäusern. Bei ihnen ist der Gebäudehaftpflichtschutz kostenlos in einer bestehenden Privathaftpflicht-Versicherung enthalten. Wer als Immobilieninhaber beispielsweise Schäden durch Schneelasten am eigenen Dach absichern möchte, sollte zudem eine Elementarversicherung abschließen. Diese gibt es als Einzelpolice oder auch gegen einen geringen Aufpreis als Zusatz in der Gebäudeversicherung.