(verpd) Krankenkassen dürfen den gesetzlich vorgesehenen Transparenzberichten keine von ihnen selbst definierten Risikokriterien und erklärende Warnhinweise über Pflegeheime hinzufügen, wenn sie die Prüfergebnisse über die Heime ins Internet stellen. Das geht aus einem diesjährigen Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hervor (Az.: L 10 P 7/11 B ER).
Die beklagte Krankenkasse hatte auf ihrer Internetplattform im Rahmen des sogenannten Pflege-TÜVs eine Pflegeeinrichtung bewertet.
Unerlaubte Darstellung?
Weil die Kasse dabei von der bundesweit einheitlichen Darstellungsform abgewichen war und den Seitenbesuchern unter anderem die Möglichkeit bot, das Ranking der Pflegeeinrichtungen anhand von Risikokriterien zu beeinflussen, fühlte sich die Betreiberin des Pflegeheims verunglimpft.
Denn trotz einer befriedigenden Gesamtnote landete sie in der Liste der angezeigten Einrichtungen auf einem der hinteren Plätze.
Die Betreiberin klagte daraufhin gegen die Krankenkasse. Ihrer Meinung nach sei die Kasse nicht dazu berechtigt, von der unter anderem zwischen den Dachverbänden der Pflegeheimbetreiber und der gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten Darstellungsform im Rahmen des Pflege-TÜVs abzuweichen.
Es sei auch nicht erlaubt, die Darstellung durch eigene Risikokriterien oder Warnhinweise zu ergänzen. Das Pflegeheim forderte die Krankenkasse daher dazu auf, die Darstellung auf ihren Internetseiten umgehend den vereinbarten Vorgaben entsprechend anzupassen.
Strenge Vorgaben
Zu Recht, meinten die Richter des Landessozialgerichts. Sie gaben dem Eilantrag der Pflegeeinrichtung statt.
Die Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung von Transparenzberichten bildet Paragraf 115 Absatz 1a SGB XI (11 Sozialgesetzbuch). Überschreitet eine Veröffentlichung über eine Pflegeeinrichtung diese Vorgaben oder ist sie inhaltlich offensichtlich fehlerhaft, so ist sie im Hinblick auf mögliche Eingriffe in die durch Artikel 12 Absatz 1 GG (Grundgesetz) geschützte Berufsausübungs-Freiheit nicht hinzunehmen – so das Gericht.
Das gilt nach Ansicht der Richter aber nicht nur dann, wenn die Bewertung an sich, also die im Transparenzbericht wiedergegebenen Noten, fehlerhaft oder nicht neutral ermittelt oder dargestellt worden ist. Auch wenn eine Bewertung nicht so veröffentlicht wird, wie dies in der Pflege-Transparenz-Vereinbarung stationär (PTVS) vorgegeben ist, ist dies rechtlich gesehen ein Fehler.
Denn die Veröffentlichung der Transparenzberichte kann grundsätzlich dazu geeignet sein, Wettbewerbs- und Grundrechte der Pflegeheimträger zu verletzen, wenn sie nicht den vereinbarten Vorgaben entsprechen.
Verbotene Gewichtung
Von diesen Vorgaben weicht die Darstellungsform der beklagten Krankenkasse ab. Denn die PTVS selbst gewichtet an keiner Stelle ihre Transparenzkriterien oder räumt, anders als die beklagte Krankenkasse, bestimmten Kriterien einen Vorrang ein.
Es ist zwischen den Verbänden zwar grundsätzlich vereinbart worden, die Darstellung an aktuelle pflegewissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen. Solange eine solche Anpassung jedoch noch nicht stattgefunden hat, dürfen Krankenkassen von sich aus keine andere Darstellungsform wählen, meinte das Gericht.
Der Beschluss ist inzwischen rechtskräftig.